Herrschaften des Königs

Direkt der französischen Krone unterstehende Herrschaften:

1. Festungen: Entlang der Grenze zum Reich und zur Eidgenossenschaft errichtete und übernahm das Königreich Festungen, die direkt von der Krone verwaltet wurden: Neuf-Brisach (mit Fort Mortier) gegenüber Breisach, Huningue gegenüber Weil und Basel, Landskron gegenüber Basel und Solothurn.

2. Neuweg (Chaussée royale): Entlang der 1701 neu angelegten Straße Basel-Kembs wurden kleinere Siedlungen zur „Chaussée royale“ zusammengefasst. Diese stand unter direkter königlich-staatlicher Verwaltung und kirchlicher Oberhoheit von Ottmarsheim.

Besitzungen des französischen Staates wurden zum Teil auch vor 1815 nur mit einer Lilie (statt der üblichen 3 Lilien) gekennzeichnet; die dargestellten Beispiele stammen A: aus einer privaten Grenzsteinsammlung in Oberhergheim von 1759; B: aus der Grenzsteinsammlung in Mulhouse von 1770; C: von der Grenze von Chaussée royale oder Neuweg von 1771 (ein ähnlicher Stein soll sich an der Festung in Huningue befunden haben). D: An dir Grenze von Neuenweg wurde auch noch 1822 – nach den politischen Umwälzungen – ein ähnlicher Stein gesetzt, jetzt in der dann üblichen Weise mit etwas veränderter, aber regelhaft allein stehender Lilie (siehe auch Grenzsteine nach 1815).

3. Zehnstädtebund (Dekapolis): Im Heiligen Römischen Reich war die Dekapolis seit 1354 ein bedeutender Bund freier elsässischer Reichsstädte von Colmar im Süden bis Weissenburg im Norden. Zu diesem gehörte ursprünglich auch Mulhouse; nachdem sich die Stadt der Eidgenossenschaft angeschlossen hatte (1515), trat Landau (Pfalz) 1521 an ihre Stelle. Nach dem dreißigjährigen Krieg kamen 1648 alle diese „kaiserlichen“ Städte unter die direkte Oberhoheit des französischen Königs; der (äußeren) politischen Handlungsfreiheit beraubt behielten sie aber weitgehend ihre (innere) Selbstverwaltung.  

Kaufhaus Colmar

Colmar war die wichtigste Stadt des Zehnstädtebundes im Süden des Elsass; hier tagte auch der Souveräne Rat des Elsass (s.o.). Im „Koifhus“ (Abbildung oben, ältester Teil von 1480) trat nicht nur der Magistrat der Stadt zusammen, sondern fanden auch Versammlungen der Dekapolis statt. Das Wappen von Colmar war längs gespalten Rot und Grün belegt mit einem linksschrägen goldenen Streitkolben mit fünfzackigem Stern.

Grenzsteine Colmar: A-F: An der Grenze zur Guémar (Herrschaft Rappoltstein) haben sich mehrere Exemplare von Grenzsteinen erhalten, die meisten von 1551 (A,B,C,E), die anderen ohne Jahreszahl (D,F): das Wappen der Stadt ist unversehrt, das Rappoltsteiner gegenüber aber meist komplett zerschlagen.

Schlettstadt (Sélestat) war ebenfalls freie Reichsstadt und gehörte zur Dekapolis. Sie war schon im Mittelalter eine Königspfalz und um 1500 eine Hochburg des Humanismus. Sie liegt dem nördlichen Breisgau gegenüber. Als freie Reichsstadt führte sie – auch nach dem Übergang an Frankreich – einen Adler im Wappen (alternativ: einen Löwen).

Grenzsteine Schlettstadt: Die abgebildeten Grenzsteine (sämtlich ohne Jahreszahl) stammen G: von der Grenze Kintzheim (zu Sélestat gehörig)/Châtenois (Bistum Strasbourg); H: von der Südgrenze Schlettstadts Richtung Guémar (Rappoltsweiler); und I: von einem unbekannten Standort mit dem Adler als Wappen (© Région Grand Est – Inventaire général / Jean Erfurth, heute auch nach Rückfrage nicht mehr auffindbar); J: vom Dreimärker ∆ Schlettstadt/ St. Hippolyte (Lothringen)/Guémar (Rappoltstein): ein Adler mag auch hier im oberen Teil vorhanden gewesen sein, wurde aber abgeschlagen.

Landvogtei Hagenau: Hagenau im Nordelsass war Teil und Hauptort der Dekapolis und Hauptort der Landvogtei Unterelsass mit 45 Dörfern. Als Wappen hatte die Stadt eine weiße funfblättrige Rose auf blauem Grund neben dem doppelköfigen Reichsadler, wie auf einem Grenzstein der Stadt von 1605 (K) zu sehen ist. Zu den Dörfern der Landvogtei gehörte auch Dangolsheim, an dessen Grenze gegen Mutzig sich in französischer Zeit noch 1725 (L) der Reichsadler zeigt.

4. Ensisheim Die einstige „Hauptstadt“ Vorderösterreichs, Ensisheim (auf eigenem Territorium westlich der Herrschaft Landser) wurde nach 1648 direkt der französischen Krone unterstellt, konnte als Stadt aber das österreichische Wappen, den Bindenschild auch nach Übernahme der Oberhoheit durch Frankreich behalten.

Grenzsteine Hagenau: K: Grenzstein der Stadt Hagenau von 1605 mit der Rose und dem doppelköpfigen Reichsadler, heute im Museum in Hagenau; L: Grenzstein der Landvogtei Hagenau von 1725: zu Hagenau gehörten 45 Dörfer der unterelsässischen Reichslandvogtei, unter ihnen Dangolsheim, an dessen Grenze gegen Mutzig sich in französischer Zeit noch 1725 der Reichsadler zeigt (heute am Schloss Mutzig). M,N: Grenzsteine Ensisheim: Zwei riesige Grenzsteine gegenüber Réguisheim (Herrschaft Bollwiller) von 1741 zeigen das „österreichische Wappen“; der erste wurde wieder am Orginalplatz aufgestellt (M), der zweite lag bis vor kurzem an der Kirche in Réguisheim (N), er war zuletzt nicht mehr auffindbar (2024).

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Literatur und Links:

L’Inventaire général du patrimoine culturel, Région Grand Est, Inventaire et Patrimoine site de Strasbourg, abrufbar unter https://inventaire-strasbourg.grandest.fr/gertrude-diffusion/dossier/IM67006697